Gaia
Griechische Mythologie
Erde und Göttin zugleich
Gaia (altgriechisch Γαῖα Gaía oder Γῆ Gḗ, dorisch Γᾶ Gá) ist in der griechischen Mythologie
Erde und
Göttin zugleich. Sie spielt die zentrale Rolle in der Schöpfungsgeschichte. Gaia spielt aber auch ansonsten fleißig mit (siehe dazu die Erklärungen an späterer Stelle).
Für das Wort Gaia gibt es unterschiedliche Schreibweisen: Gaia, Ge, Gäa und mehr. Als Personifikation der Erde, wird Gaia in Göttergestalt gedacht. Wahrscheinlich bedeutet Gaia "die Gebärerin (der Erde)." In der römischen Mythologie heißt die Göttin der mütterlichen Erde Tellus.
Chaos
Die Erde (Gaia) entstand aus dem
Chaos >> heraus. In der Genesis der Bibel wird dieses Chaos Tohuwabohu (deutsch: Wüst und leer [Luther-Bibel]) bezeichnet. Das Chaos ist nicht Nichts, sondern ungeordnete Energie (die Energie vom Chaos wird häufig als unermesslich riesig beschrieben). In der griechischen Mythologie schuf Gaia aus dem Chaos heraus Kosmos, womit Ordnung gemeint ist.
Götter der ersten Stunde
Gaia, Uranos, Tartaros, Erebos, Nyx, Eros, Ourea, Pontos, Aither und Hemera sind die Götter der ersten Stunde. Gaia hat sofort Götter erschaffen, von Menschen kann an dieser Stelle noch lange keine Rede sein. Gaia hat Uranos, Tartaros, Erebos, Eros, Ourea, Pontos und Nyx aus sich selber heraus erschaffen (Parthenogenese / Jungfernzeugung / Jungferngeburt). Anmerkung: "Reine Fruchtbarkeit" ist ein daraus resultierendes Bild der Gaia. Hemera und Aither entstanden durch die Vereinigung von Erebos und Nyx. Die Steckbriefe der ersten Götter:
Uranos >>Tartaros >>Erebos >>Ourea >>Pontos >>Nyx >>Eros >>Hemera >>Aither >>Warum hat Gaia die Hölle erschaffen?
Gaia ist die Muttergöttin aller Muttergöttinnen - und es stellt sich daher die Frage, warum sie die Hölle (Tartaros) erschuf. Schließlich leiden wir alle massiv unter der Hölle, wie jeder weiß. Zunächst lag Uranos ziemlich platt (ähnlich einem Pfannkuchen) auf Gaia, sodass sie sich überwiegend in die Tiefe entwickeln musste. Der Gaia blieb somit nichts anderes übrig, als die Hölle zu erschaffen. Erst später wurde Uranos von Gaia getrennt. Heute kümmert sich
Atlas >> darum, dass der Himmel von der Erde getrennt ist.
Rolle
Die Rolle der Gaia bezieht sich mitnichten nur auf die Schöpfungsgeschichte. Gaia ist eine unsterbliche Göttin, die in den Geschichten der griechischen Mythologie häufig aktiv mitspielt. Was die Rolle der Gaia in den Handlungen betrifft, ergeben sich zahlreiche Widersprüche. Als Schöpferin der Erde, erscheint Gaia als mächtigste Gottheit überhaupt. Warum jedoch, wird Gaia häufig als schwach beschrieben? Gaia konnte sich nicht aus eigener Stärke gegen die Vergewaltigungen durch Uranos wehren und war auf die Hilfe von ihrem Sohn
Kronos >> angewiesen. Kronos ist ein Titan, da gibt es 11 weitere Titanen, deren Mutter ebenfalls Gaia ist. Gaia ist zwar die Mutter von 12 Titanen, selber gehört sie allerdings nicht dem Geschlecht der Titanen an. Wie heißen diese weiteren 11 Titanen, die Gaia gebar? Siehe die folgende Liste:
Themis >>Theia >>Koios >>Iapetos >>Kreios >>Mnemosyne >>Rhea >>Hyperion >>Tethys >>Okeanos >>Phoibe >>WidersprücheAuf Anraten von Gaia soll
Rhea >> ihren Sohn
Zeus >> vor Kronos gerettet haben. Warum wollte Gaia Zeus retten? Wie lässt sich das erklären? Im Widerspruch dazu steht, dass Gaia Zeus auch stürzen wollte - und zwar beispielsweise mittels
Typhon >>. Diese ganzen Widersprüche - in die auch Gaia oft verstrickt ist - führen in der griechischen Mythologie immer wieder zu
Tragödien >>. Anmerkung: Die
Erinnyen >> gelten ebenfalls als Nachkommen der Gaia. Die
Meliaden >> soll Gaia aus dem Blut vom Phallus des Uranos erschaffen haben. Auf diese Weise erschuf Gaia auch die Giganten, siehe
Agrios >> und ebenfalls
Thoon >>. Ein weiterer Gigant heißt
Enkelados >>. Abschließend lässt sich noch auf den
Ophiotauros >> aufmerksam machen, auch in diesem Fall wird Gaia als Mutter genannt.
Interpretation
Lässt sich eine lückenlos korrekte Interpretation über Gaia erstellen? Es ist nicht möglich, Gaia lückenlos korrekt zu interpretieren. Gaia ist die Schöpferin von allem und jedem. Da gehören nicht nur ihre eigenen Kinder dazu, sondern auch alle Enkelkinder, Urenkel - und schließlich sind irgendwann auch wir Menschen entstanden. Gaia liebt demzufolge alles und jeden. Sie ist die Urheberin vom gewaltigen Rattenschwanz der Schöpfung - und hat damit ebenso stets zu kämpfen. Nochmal angemerkt: Zu den Nachfahren der Gaia gehören auch wir Menschen. Mit uns Menschen muss Gaia ebenfalls ständig kämpfen.
Dummerweise stellen die eigenen Kinder der Gaia, auch ihr Gemahl und ihre Enkel, etc. immer wieder Dinge an - und zwar vollständig gegen ihren Willen. Es lässt sich auf diese Weise möglicherweise erklären, weshalb auch Gaia immer wieder in Widersprüche involviert ist. Liebe auf der einen Seite und Wut (manchmal auch Hass) auf der anderen Seite. Es geht wohl darum, dass sich Gaia in einem riesigen Dilemma befindet. Ich möchte mit den ganzen Komplikationen der Gaia nicht tauschen. Warum? Gaia ist in erster Linie eine tragische Gestalt, nach meiner Schätzung. Man kann die Situation der Gaia als pervers bezeichnen - aber im Grunde ist die komplette griechische Mythologie pervers.
Quellen
Es gibt unzählige Quellen, die über Gaia berichten. Daraus resultieren natürlich auch zahlreiche unterschiedliche Interpretationen. Ich nenne einige Beispiele für Quellen über Gaia:
Hesiod, Theogonie >> 116–124; 126–138; 154–187; 228–234; 453–506; 617–735; 881–884; Katalog der Frauen Fragment 40A;
Astronomie >> Fragment 4
Hyginus, Praefatio
Bibliotheke des Apollodor >> 1,1–5; 1,6; 1,34–39; 1,2; 2,4; 2,115; 3,188; 1,25
Nonnos, Dionysiaka 48,6; 29,243; 4,33; 20,35; 13,135; 14,23; 45,174; 25,452; 14,193; 32,65; 13,96
Aischylos, Der gefesselte
Prometheus >> 206; 566; 211; 207;
Agamemnon >> 690; Eumeniden 1; Die Schutzflehenden 250; Die
Perser >> 621; Choephoren 118
Apollonios von
Rhodos >> 2,1215
Ovid, Metamorphosen >> 1,438; 4,282; Fasti 3,793; 5,493
Pausanias, Reisen in Griechenland >> 1,35,6; 8,25,8–9; 1,28,6; 1,18,7; 1,22,3 und viele Stellen mehr
Homer, Ilias >> 3,103
Es gibt viele weitere Quellen, die über Gaia berichten.
Literatur
Erich Neumann: Die Bedeutung des Erdarchetyps für die Neuzeit. In: Eranos Jahrbuch. 22, 1953, S. 11–56
Martin Persson Nilsson: The Mycenaean Origin of Greek Mythology. University of California Press, Berkeley 1932
Albrecht Dieterich: Mutter Erde. Ein Versuch über Volksreligion. B. G. Teubner, Leipzig 1925
Wilhelm Heinrich Roscher: Gaia. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,2, Leipzig 1890, Sp. 1566–1586
Fritz Graf: Gaia. In: Hubert Cancik, Helmuth Schneider, Manfred Landfester (Hrsg.): Der Neue Pauly. Brill, 2009
Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie >> (Wilhelm Heinrich Roscher)
Es gibt viel mehr Literatur über Gaia. Jeder bemerkt gewiss, weshalb Gaia auf vielfältigste Weise interpretiert werden kann.
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